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Bundesgerichtshof entwickelt seine Rechtsprechung zum Marken-Keyword-Avertising fort

Wird Internetnutzern anhand eines mit der Marke identischen oder verwechselbaren Schlüsselworts eine Anzeige eines Dritten gezeigt (Keyword-Advertising), ist eine Beeinträchtigung der Herkunftsfunktion der Marke zwar in der Regel zu verneinen, wenn die Anzeige in einem von der Trefferliste eindeutig getrennten und entsprechend gekennzeichneten Werbeblock erscheint und selbst weder die Marke noch sonst einen Hinweis auf den Markeninhaber oder die unter der Marke angebotenen Produkte enthält. Liegt jedoch für den angesprochenen Verkehr aufgrund eines ihm bekannten Vertriebssystems des Markeninhabers die Vermutung nahe, dass es sich bei dem Dritten um ein Partnerunternehmen des Markeninhabers handelt, ist die Herkunftsfunktion der Marke bereits dann beeinträchtigt, wenn in der Werbeanzeige nicht auf das Fehlen einer wirtschaftlichen Verbindung zwischen dem Markeninhaber und dem Dritten hingewiesen wird.

 

Das beklagte Unternehmen ist Inhaber der Marke „Blumenbutler“. Es bietet unter seiner Internetadresse „blumenbutler.de“ den Versand von Blumen an. Dafür hat es bei der Internetsuchmaschine „Google“ sogenannte AdWords-Anzeigen geschaltet und hierfür das Schlüsselwort (Keyword) „Fleurop“ gebucht. Bei Eingabe dieses Wortes als Suchwort erschienen im Jahr 2011 oberhalb und rechts neben der Trefferliste - jeweils in einem von der Trefferliste räumlich getrennten und mit dem Wort „Anzeigen“ gekennzeichneten Werbeblock - folgende Werbeanzeigen:

 

"Blumenversand online www.blumenbutler.de/blumenversand Blumen schnell & einfach bestellen Mit kostenloser Grußkarte" (Anzeige oberhalb der Trefferliste)

 

"Blumenversand online Blumen schnell & einfach bestellen Mit kostenloser Grußkarte www.blumenbutler.de/blumenversand" (Anzeige rechts neben der Trefferliste)

 

Das klagende Unternehmen sieht darin eine Verletzung ihres Rechts an der Marke „FLEUROP“. Es verlangt von dem beklagten Konkurrenzunternehmen es zu unterlassen, bei „Google“ Werbeanzeigen zu schalten, die bei Eingabe des Suchbegriffs „Fleurop“ erscheinen und wie oben wiedergegeben gestaltet sind.

 

Der Bundesgerichtshof hat angenommen, dass die in Rede stehenden AdWords-Anzeigen die Rechte aus der Klagemarke verletzen und die mit der Klage erhobenen Ansprüche auf Unterlassung und Freistellung von Abmahnkosten daher begründet sind. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union erfordere die Beurteilung, ob die Herkunftsfunktion einer Marke beeinträchtigt wird, wenn Internetnutzern anhand eines mit der Marke identischen oder der Marke ähnlichen Schlüsselworts eine Anzeige eines Dritten gezeigt wird, eine zweistufige Prüfung: Zunächst habe das Gericht festzustellen, ob bei einem normal informierten und angemessen aufmerksamen Internetnutzer aufgrund der allgemein bekannten Marktmerkmale das Wissen zu unterstellen ist, dass der Werbende und der Markeninhaber nicht miteinander wirtschaftlich verbunden sind, sondern miteinander im Wettbewerb stehen. Fehlt ein solches allgemeines Wissen, habe das Gericht zu prüfen, ob der Internetnutzer aus der Werbeanzeige erkennen kann, dass die vom Werbenden angebotenen Waren oder Dienstleistungen nicht vom Markeninhaber oder mit ihm wirtschaftlich verbundenen Unternehmen stammen.

 

Im Streitfall hat das Berufungsgericht keine Feststellungen getroffen, aus denen sich Anhaltspunkte dafür ergeben könnten, dass der normal informierte und angemessen aufmerksame Internetnutzer aufgrund der allgemein bekannten Marktmerkmale Kenntnis davon hat, dass der Werbende und der Markeninhaber nicht miteinander wirtschaftlich verbunden sind, sondern miteinander im Wettbewerb stehen. Daher komme es darauf an, ob für den Internetnutzer aus der Werbeanzeige erkennbar ist, dass die vom Werbenden angebotenen Waren oder Dienstleistungen nicht vom Markeninhaber oder mit ihm wirtschaftlich verbundenen Unternehmen stammen. Diese Beurteilung hänge nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union insbesondere von der Gestaltung der Anzeige ab. Ist aus der Anzeige für einen normal informierten und angemessen aufmerksamen Internetnutzer nicht oder nur schwer zu erkennen, ob die in der Anzeige beworbenen Waren oder Dienstleistungen vom Inhaber der Marke oder von einem mit ihm wirtschaftlich verbundenen Unternehmen oder vielmehr von einem Dritten stammen, ist die herkunftshinweisende Funktion der Marke beeinträchtigt.

 

Auf eine Beeinträchtigung in diesem Sinne sei zu schließen, wenn die Anzeige des Dritten entweder suggeriert, dass zwischen ihm und dem Markeninhaber eine wirtschaftliche Verbindung besteht, oder hinsichtlich der Herkunft der fraglichen Ware oder Dienstleistung so vage gehalten ist, dass ein normal informierter und angemessen aufmerksamer Internetnutzer aufgrund des Werbelinks und der ihn begleitenden Werbebotschaft nicht erkennen kann, ob der Werbende im Verhältnis zum Markeninhaber Dritter oder mit ihm wirtschaftlich verbunden ist.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs liegt nach diesen Grundsätzen in aller Regel keine Beeinträchtigung der herkunftshinweisenden Funktion der Marke vor, wenn die Werbeanzeige in einem von der Trefferliste eindeutig getrennten und entsprechend gekennzeichneten Werbeblock erscheint und selbst weder die Marke noch sonst einen Hinweis auf den Markeninhaber oder die unter der Marke angebotenen Produkte enthält.

Der verständige Internetnutzer erwartet in einem von der Trefferliste räumlich, farblich oder auf andere Weise deutlich abgesetzten und mit dem Begriff „Anzeigen“ gekennzeichneten Werbeblock nicht ausschließlich Angebote des Markeninhabers oder mit ihm verbundener Unternehmen. Ihm sei klar, dass eine notwendige Bedingung für das Erscheinen der Anzeige vor allem deren Bezahlung durch den Werbenden ist. Ihm sei zudem bekannt, dass regelmäßig auch Dritte bezahlte Anzeigen bei Google schalten. Er habe daher keinen Anlass zu der Annahme, eine bei Eingabe einer Marke als Suchwort in der Anzeigenspalte erscheinende Ad-Words-Anzeige weise allein auf das Angebot des Markeninhabers oder eines mit ihm wirtschaftlich verbundenen Unternehmens hin.

Rechnet der Internetnutzer mit Angeboten, die nicht vom Markeninhaber oder von mit ihm verbundenen Unternehmen stammen, bedürfe es keines Hinweises auf das Fehlen einer wirtschaftlichen Verbindung zwischen dem Werbenden und dem Markeninhaber, um eine Beeinträchtigung der Herkunftsfunktion der Marke auszuschließen. Der Umstand, dass ein in der Werbeanzeige angegebener Domainname auf eine andere betriebliche Herkunft hinweist, sei daher keine notwendige Bedingung, sondern nur ein zusätzlicher Grund für den Ausschluss einer Beeinträchtigung der Herkunftsfunktion. Andererseits könne die Herkunftsfunktion der Marke auch bei einer Platzierung der Anzeige in einem deutlich abgesetzten und entsprechend gekennzeichneten Werbeblock beeinträchtigt sein, wenn die Werbeanzeige einen Hinweis auf das Markenwort oder den Markeninhaber oder die unter der Marke vom Markeninhaber oder mit seiner Zustimmung angebotenen Waren oder Dienstleistungen enthält. Allein der Umstand, dass Waren oder Dienstleistungen der unter der Marke vertriebenen oder erbrachten Art in der Werbeanzeige mit Gattungsbegriffen bezeichnet werden, könne allerdings grundsätzlich nicht zu einer Beeinträchtigung der Herkunftsfunktion der Marke führen.

 

Das Oberlandesgericht habe im Ergebnis mit Recht angenommen, dass nach diesen Maßstäben unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des Streitfalls eine Beeinträchtigung der Herkunftsfunktion und damit eine Verletzung der Klagemarke zu bejahen ist. Die Herkunftsfunktion der Marke werde zwar nicht dadurch beeinträchtigt, dass Waren und Dienstleistungen der unter der Marke „FLEUROP“ angebotenen Art in den Werbeanzeigen mit den Gattungsbegriffen „Blumen“ und „Blumenversand“ bezeichnet werden. Die Werbeanzeigen enthielten auch keinen die Herkunftsfunktion der Marke beeinträchtigenden Hinweis auf das Markenwort „FLEUROP“ oder den Markeninhaber oder die unter der Marke vom Markeninhaber oder mit seiner Zustimmung angebotenen Waren oder Dienstleistungen. Da jedoch für den angesprochenen Verkehr aufgrund des ihm bekannten Vertriebssystems des klagenden Unternehmens die Vermutung naheliegt, dass es sich bei „Blumenbutler“ um ein Partnerunternehmen handelt, sei die Herkunftsfunktion der Marke beeinträchtigt, weil in der Werbeanzeige nicht auf das Fehlen einer wirtschaftlichen Verbindung zwischen den zwei Konkurrenzunternehmen hingewiesen wird.

 

 

27.06.2013 - I ZR 53/1 2

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